Ein Diplomat, undiplomatisch; kann das sein? Man muss es bejahen. Denn Alexander Farenholtz, als ehemalige documenta-Geschäftsführer weithin geschätzt und quasi als Rettungsmann für die geschasste Sabine Schormann kurzfristig zum Einsatz gekommen, gilt zwar als feinfühliger, umsichtiger Manager, doch sein „aktives Nichtstun“ in Bezug auf das judenfeindliche Gedankengut der documenta fifteen führt zu ersten Protesten. Elio Adler, der Vorstandsvorsitzende der jüdischen Werte-Initiative, hat nun sogar seine Abberufung gefordert. Farenholtz sei „untragbar“. Es scheint, diese documenta ist und bleibt die documenta der Skandale (khs).
Keiner zuständig, keiner verantwortlich, keiner bereit, jene Kunst im öffentlichen Flughafen-Raum zu erhalten, die dort seit drei Jahrzehnten Millionen von Fluggästen aufs Schönste erfreut und anregt? Es geht um „Die Alpen“, eine Wasser-Installation des mittlerweile 70-jährigen Bildhauers Stephan Huber, der einst für den Flughafen in München jene Skulptur schuf – und nun sehen muss, wie der Abriss droht. Die Flughafen-Gesellschaft will die Kosten für Wartung und Energie nicht mehr tragen (es geht nur um 8 000 Euro pro Jahr), und die Stadt München, angeblich zu 30 Prozent in der Verantwortung, macht sich ebenfalls dünn und will nicht zahlen. Ein deutsches Drama: Am Ende fehlen Geld und Vernunft (khs).
Natürlich ist sie wieder begeistert, angetan von sich selbst. Wie schon anlässlich der durchaus fragwürdigen Berufung der neuen künstlerischen Leiterin der Kulturstiftung des Bundes, die wegen ihrer Auslandsjahre nicht so wirklich Ahnung haben kann, was hierzulande mit jährlich rund 35 Millionen gefördert werden sollte. Aber Claudia Roth, die Kulturstaatsministerin, kann sich wohl nicht um alles kümmern. Sie setzt Duftmarken, gerne von Frau zu Frau – und ist schon wieder andernorts unterwegs. Zu ihren speziellen Baustellen gehört derzeit die documenta, wo sie nun so tut, als habe sie das Experten-Gremium schlechthin zu feiern. Tatsache ist jedoch, dass im siebenköpfigen Team eine einzige kompetente Stimme in Sachen Kunst zu finden ist, nämlich die oberste Museumsfrau aus Dresden, Marion Ackermann (khs).
Der führende Linke in Berlin, der Club-Freund und Kultur-Senator Klaus Lederer, hat sich zweifellos eine starke Position erobert, zumal er schon – damals noch an der Seite des früheren Bürgermeisters – in der vorangegangenen Regierungsmannschaft vertreten war. Lederer kennt sich aus, er weiß, wie politisch mit Fingerspitzen-Gefühl agiert werden muss, um eigene Interessen durchzusetzen, um in der Folge auch viel für die Kultur tun zu können. Jetzt ziehen in der Hauptstadt viele den leichten Sommer-Hut, weil sie anerkennen, wie der Senator Etatberatung für Etatberatung mehr Geld in sein Ressort zieht. Im kommenden Jahr darf er bereits mit einem Haushalt rechnen, der sich allmählich in Richtung Milliarde bewegt. 905 Millionen Euro sollen es sein, rund 120 mehr als 2021 – das macht ihm so schnell keiner nach (khs).
Eine Nachricht aus New York, die überrascht: Wer hätte sich vor wenigen Jahren vorstellen können, dass ausgerechnet eine Kunstmesse den Debatten-Raum und eine Plattform-Fläche für eine Auseinandersetzung spendiert, die fernab kommerzieller Orientierung angesiedelt ist? Es geht um die Armory Show in New York, die in diesem Jahr vom 9. bis zum 11. September stattfinden wird. Tobias Ostrander, der britische Tate-Kurator für lateinamerikanische Kunst, will unter dem Titel „Monumental Change“ zeigen, wie sich die Denkmal-Kunst wandelt, wie Rassisten und Kolonialisten, oft als Statuen im öffentlichen Raum zu sehen, entthront werden und neue Stätten kollektiver Geschichtsverarbeitung möglich sind. Beispielhaft, was die Armory macht (khs).
In Berlins akademischen Kreisen flammt immer wieder ein heikles Thema auf: Darf man die alten weißen Männer der Wissenschaft, als Porträts vor dem Senatssaal der Humboldt-Universität zu sehen, kurzerhand entfernen und durch andere Bildnisse ersetzen? Taugen jene gut zwei Dutzend Nobelpreisträger zur Identifikation plötzlich nicht mehr, so dass dort nun Denkerinnen und Denker der folgenden Generation zu entdecken sind? Gabriele Metzler, die Vorsitzende der dafür verantwortlichen Historischen Kommission der Universität, muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass übersehen wurde, dass Frauen im neunzehnten und im frühen zwanzigsten Jahrhundert im Universitätsleben keine Rolle spielten. Kurzum: Übereifer, nichts als Übereifer (khs).
Beinahe hätte man glauben wollen, dass auch der Aufsichtsrat dieser missglückten Großausstellung nichts taugt. Denn wochenlang passiert nichts, keine Reaktion, obgleich die Kunstwelt sah, dass Sabine Schormann, die Generaldirektorin der documenta fifteen, auf ganzer Linie versagte. Dann, nach einer nächtlichen Marathonsitzung, doch noch ein erlösendes Signal: Schormann macht ihren Stuhl unverzüglich frei, und Alexander Farenholtz, der selbst schon mal als documenta-Geschäftsführer tätig war, übernimmt die Leitung, vorerst bis zum 30. September. Dass dieser Befreiungsschlag letztlich aber keine Garantie ist, dass sich die belastete Stimmung noch dreht, versteht sich. Zu groß der Schaden, den Schormann und der sie lange schützende Kasseler Oberbürgermeister, Christian Geselle, angerichtet haben (khs).
Niemand kann wissen, wie das ausgeht. In Karlsruhe wurde laut Frank Mentrup, Oberbürgermeister, „die richtige Person für die Neuausrichtung des ZKM“ nominiert. Als Nachfolger von Peter Weibel, der knapp 25 Jahre lang das Zentrum für Kunst und Medien international erfolgreich gemacht hat, wurde der 53-jährige Brite Alistar Hudson vorgestellt, hierzulande ein Unbekannter. Auch Staatssekretärin Petra Olschowski sparte nicht mit Vorschusslorbeeren. Der Kurator aus Manchester, Jurymitglied in Sachen Turner Prize, habe „ein ganzheitliches Verständnis von Kunst, Wissenschaft und Technologie als Treiber sozialer Innovation und Teilhabe“, ließ sie verbreiten. Durchaus gute Voraussetzungen, um das ZKM vom 1. April 2023 an in die Zukunft zu führen. Und doch keimt die Vermutung, dass vom neuen künstlerischen Vorstand noch mehr erwartet wird (khs).
Natürlich haben sich manche Insider gefragt, wie es sein kann, dass ausgerechnet die für Münzen zuständige Sammlungsleiterin der Hamburger Kunsthalle, Annabelle Görgen-Lammers, am 4. Oktober mit dem Justus Bier Preis für Kuratoren ausgezeichnet werden soll. Die Ehre kommt der seit knapp zwei Jahrzehnten am Museum tätigen Wissenschaftlerin freilich nicht für die Anregung und die Umsetzung zugute, die Münz- und Medaillen-Kollektion des Hauses wieder zusammengeführt zu haben. Görgen-Lammers, die international geschätzte Surrealismus-Expertin, wird statt dessen für ihre Leistung gewürdigt, das Werk der 1980 verstorbenen Künstlerin TOYEN wiederentdeckt und europaweit ins Gespräch gebracht zu haben. Mit Ausstellungen in Hamburg, Paris und Prag. Verdientes Lob also (khs).
Nach und nach wird klar, dass im documenta-Eklat wegen der antisemitischen Propagandakunst in Kassel nicht nur die als Geschäftsführerin tätige Generaldirektorin Sabine Schormann eine überaus fragwürdige Rolle spielt, die längst zum Rücktritt hätte führen müssen. Auch ihr Rückendecker, der Kasseler Oberbürgermeister Christian Geselle, seit 2017 im Amt, macht keine gute Figur. Nicht nur, dass er in Richtung Berlin tönte, weder Zeit noch Lust zu verspüren, sich vor dem Kulturausschuss des Deutschen Bundestages zu rechtfertigen. Geselle war es auch, der vor etlichen Jahren schon, nämlich Anfang 2018, dafür sorgte, dass der Bund, vertreten durch die Bundeskulturstiftung, empört den Aufsichtsrat verließ, weil seine Strukturreform dazu führte, dass das Gremium wirkungslos agiert. Wie sich jetzt deutlich zeigt (khs).