Statements

Alle Jahre wieder, 0.1

25. Oktober 2022

Es gab Zeiten, als der „Capital“-Kunstkompass tatsächlich noch als Kompass diente, um durch den damals zunehmenden Kunstmarkt zu navigieren, um zu wissen, wer aufsteigt, wer absteigt – und wie sich dieses Ranking der wichtigsten Künstler, einst von Willi Bongard erfunden, auf die Kapitalanlage Gegenwartskunst auswirkt. Nun gibt es alle Jahre wieder – und somit auch in diesen Tagen – einen Aufguss der entbehrlichsten Art, weil seine Witwe, die in der Kunstszene bestens bekannte Künstlerin Linde, unbedingt fortführen will, was der Willi vor über 50 Jahren begonnen hatte. Indes: Niemand mehr in der Branche scheint sich dafür zu interessieren. Warum auch. Es langweilt, Jahr für Jahr Gerhard Richter auf Platz eins, den Bruce Nauman auf zwei und den Georg Baselitz auf drei sehen zu müssen. Aufhören. Schade ums Papier, auf dem das alles gedruckt wird (khs). 

Alle Jahre wieder, 0.2

25. Oktober 2022

Es ist das nicht eigenartig, gar befremdlich? Im vergangenen Jahr zwar ausnahmsweise nicht, Corona geschuldet, doch sonst wird alljährlich einmal der ADKV-Art Cologne-Preis für Kunstkritik vergeben. Und bevorzugt zeichnen die Auslober, die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Kunstvereine und die Koelnmesse, sowie die stets eingesetzte Jury solche Journalistinnen und Journalisten aus, die nicht allzu viel veröffentlichen, die teils kaum bekannt sind. Zu den Preisträgerinnen und Preisträgern gehörten bislang beispielsweise ein Radek Krolczyk und eine Barbara Buchmaier, auch ein Jens Kastner und ein Gregory Williams. Diesmal, am 19. November in Köln, wird es Magdalena Kröner sein, und so stellte sich für alle, die Kunstkritik am laufenden Band publizieren, zwangsläufig die Frage, ob sie sich fortan besser rarmachen sollten. Andererseits: Nicht wegen 5 000 Euro Preisgeld (khs).  

Rückzug in Wien

18. Oktober 2022

Ein Schlingel, der Johann König. Der Berliner Galerist, viele Jahre lang nicht nur von der Hauptstadt-Szene umschwärmt, kürzlich wegen in der „ZEIT“ veröffentlichter Metoo-Vorwürfe allerdings tüchtig unter Druck geraten, sorgt jüngst für weitere Schlagzeilen, weil sich die ganze Branche daran erinnert, wie der Mann in Wien auftrumpfte – und so tat, als würde er mit seiner Zweigstelle in Österreichs Hauptstadt den ganzen Kulturbetrieb dort auf den Kopf stellen wollen. Nun, nach nur einem Jährchen Engagement, ein kleinlauter Rückzug. Kurzerhand wird dichtgemacht. Man habe kurzfristig nur einen Pop-up-Shop betreiben wollen, heißt es offiziell. Papperlapapp, soll uns doch nicht veralbern, der clevere Johann (khs). 

Offensive in Dresden

18. Oktober 2022

Alles richtig gemacht, so und nicht anders muss man es formulieren. Marion Ackermann, die oberste Museumschefin der Staatlichen Kunstsammlungen in Dresden, weiß genau, wie man Aufmerksamkeit erzeugt – und zudem museale Aufgaben erfüllt. Jetzt hat sie mit dem Schriftsteller Florian Illies, der auch schon als Magazin-Gründer, Buch-Verleger und Auktionshaus-Geschäftsführer brillierte, ein echtes Ass im Ärmel. Illies engagiert sich nämlich sehr für den letzten Romantiker, wie es in der Werbung heißt, für den 1842 geborenen, bislang unterbewerteten Maler Albert Venus. Ihm hat er seine für Dresden kuratierte Ausstellung im Kupferstich-Kabinett gewidmet, zu sehen bis zum 22. Januar 2023. Ein Volltreffer (khs).   

documenta: Interimslösung

11. Oktober 2022

Eigentlich mag man nichts mehr in Sachen documenta lesen. Alles gesagt, geschrieben. Die Antisemitismus-Ausgabe des Jahres 2022, die d 15, hat einen Hautgout – und wird ihn nicht mehr los, egal, aus welcher Perspektive man die Ausstellung und den Umgang der Verantwortlichen damit betrachtet. Gleichwohl bringt sich Kassel jetzt, fatal, erneut ins Gespräch, weil man nicht für eine in die Zukunft schauende Geschäftsführung sorgt, sondern innerhalb kurzer Zeit nun schon den zweiten Interimsleiter präsentiert, den promovierten Juristen Ferdinand von Saint André. Dabei wäre eine dauerhafte Personallösung dringend vonnöten (khs).

documenta: Gegenwind

11. Oktober 2022

Als die Zusage vom DAAD kam, als er schon vor Eröffnung der umstrittenen documenta wusste, dass er bald zwei Mitglieder des Kuratoren-Kollektivs ruangrupa, nämlich Reza Afisina und Iswanto Hartono, als Gastprofessoren an der von ihm seit langer Zeit erfolgreich dirigierten Hochschule für bildende Künste in Hamburg begrüßen darf, war Martin Köttering, der HFBK-Präsident, mächtig stolz. Das war damals auch nachvollziehbar. Inzwischen bläst Köttering freilich ein starker Gegenwind ins Gesicht, etwa aus der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. Dabei spielt wohl eine Rolle, dass ruangrupa laufend erklärte, „lernen zu wollen“, doch glaubwürdig wirkte das Statement nicht im Geringsten (khs).          

Lausige Bewerberzahl

4. Oktober 2022

Das soll einer verstehen. Da wird eine der interessantesten Positionen im deutschsprachigen Museumsbetrieb überraschend frei, nämlich im Museum der Moderne in Salzburg, weil der Direktor während der Vertragslaufzeit andernorts andockt, und dann melden sich auf die Ausschreibung dieses großartigen, auch gut dotierten Postens gerade mal 24 Bewerberinnen und Bewerber. Der qualifizierte Harald Krejci, bislang Chefkurator des Belvedere in Wien, übernimmt den Job, so weit, so gut; aber es bleibt die Frage offen, warum nur so wenige Kunsthistoriker heute Verantwortung übernehmen mögen, warum allerorten über einen rapiden Kandidatenschwund geklagt wird (khs). 

Verschwendetes Steuergeld

4. Oktober 2022

Ja, sind sie denn irre, all die Leute, die im Amt der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) jene Entscheidungen vorbereiten, die schließlich Kulturstaatsministerin Claudia Roth verantworten muss? Hat denn keiner dort den Alarmknopf drücken mögen, können, dürfen? Der Regierungsschwachsinn bezieht sich auf verschwendetes Steuergeld in Höhe von sage und schreibe sechs Millionen Euro. Obgleich längst alle Kultureinrichtungen wissen, was sie zu tun haben, um wirkungsvolle Hygienemaßnahmen in ihren Häusern zu realisieren, will die BKM-Truppe ihnen weitere Verwaltungsaufgaben aufdrücken, um ein Zertifizierungsverfahren möglich zu machen. Mit Verlaub: Niemand braucht ein BKM-Label, um sich vor Infektionen zu schützen (khs).    

documenta-Finale

27. September 2022

Wenigstens sie hielt sich an das, was man ausgemacht hatte. Marion Ackermann, die Dresdner Museumschefin, die als einzige Kunst-Expertin im zuletzt berufene Experten-Gremium dieser enorm umstrittenen documenta fifteen saß, unterschrieb die längere Text-Fassung der Runde nicht. Nachvollziehbar. Immerhin hatte man vereinbart, zunächst eine wissenschaftliche Analyse der Großausstellung und ihrer Organisationsstruktur zu erarbeiten, bevor die Öffentlichkeit informiert wird. Von Schnellschüssen, kurz vor dem Finale, war niemals die Rede. Aber was war nicht alles vereinbart worden, bevor dieses völlig missglückte, antisemitisch angehauchte Aktivistencamp eröffnet wurde. Beim nächsten Mal, vom 12. Juni bis zum 19. September 2027, muss man’s besser machen, viel besser (khs).

Umfrage-Ergebnis

27. September 2022

Erschreckend. Exakt nur 24,5 Prozent der Befragten, so das Resultat einer Bertelsmann-Studie, räumten kürzlich im Zuge einer Umfrage ein, vertrauen ihren Volksvertretern. Der Ruf von Politikerinnen und Politikern ist so schlecht wie niemals zuvor. Und man könnte meinen, mit jedem Regierungswechsel, ob auf Bundes- oder Länder-Ebene, nehmen Misstrauen und Ablehnung weiter zu. Es sind freilich die zahllosen Beispiele, die tagein und tagaus für Skepsis und sogar für Empörung sorgen. Ein Mitarbeiter aus dem Amt der früheren Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, Robin Mishra, den man in der Zentrale nicht mehr brauchen konnte, wurde abgeschoben und weggelobt – ins Bundesarchiv. Dort verdient er jetzt so viel wie der Präsident der Einrichtung. Schmerzensgeld wohl (khs).    

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