Bedenkt man, wie gefragt Reinhard Mucha in jungen Jahren war, wie erfolgreich er den Kunstbetrieb mit seinen unverwechselbaren Installationen aufmischte, auch auf der Biennale in Venedig, 1990, dann war es danach vergleichsweise still um ihn. Ein Verweigerer, der Mucha, sagten manche Insider. So gilt jetzt der besondere Beifall der Kunstsammlung NRW in Düsseldorf, die bis zum 22. Januar 2023 in beiden Häusern, K 20 und K 21, unter dem Titel „Anfangsverdacht“ eine umfangreiche Werk-Übersicht präsentiert. Freilich gibt sich Reinhard Mucha mittlerweile leutseliger: Wer als Museumsbesucher am Eingang ein Ticket für ein „Fortuna 95“-Heimspiel vorlegt, darf gratis eintreten. Anfangsverdacht: Der Künstler ist älter und mithin geschmeidiger geworden (khs).
Dass der bald 80-jährige amerikanische Land-Artist Michael Heizer ein besonderer Kauz unter den Kollegen ist, wusste man schon vor Jahrzehnten. Immer wieder drangen Nachrichten durch, dass er sogar mit einem Gewehr den Zugang zu einem Areal nördlich von Las Vegas verweigerte, auf dem er nun, rund fünf Jahrzehnte nach Baubeginn, seine Megaskulptur „City“ eröffnete (jetzt immerhin für sechs Personen pro Tag zugänglich). Dass Heizer, der das begehbare Millionen-Kunstwerk mit Hilfe der Triple Aught Foundation realisierte, in der Planungsphase nicht wissen konnte, wie sich die Welt verändern würde, mag man gerne einräumen. Aber im Zuge einer neuen Wahrnehmung der Umwelt, mithin Klima- und Ressourcen-Aspekte inklusive, stellt sich die Frage, ob solcher Größenwahn noch zeitgemäß ist (khs).
Der Regisseur Dieter Wedel, der Choreograph Jan Fabre, der Theatermann Klaus Dörr, der Musiker Siegfried Mauser – sie alle standen im Verdacht, übergriffig geworden zu sein, wurden teils wegen Missbrauch-Delikten verurteilt. Nun hat die Kunstszene ihren Skandal, und weltweit wird kolportiert, dass der Berliner Galerist Johann König mehrere Frauen sexuell belästigt haben soll. Dabei basiert der Vorwurf auf einer zwar drei Jahre dauernden, doch überaus dürftigen Recherche: Drei Mitarbeiterinnen der „ZEIT“ nennen mit vollem Namen eine einzige Zeugin, eine Pariser Kuratorin, die etwas beobachtet haben will. Journalismus? Mitnichten (khs).
Wenn zwei sich streiten, so lehrt die Erfahrung, profitiert mitunter der Dritte. Das ist nun in der Artnet AG geschehen, wo seit langer Zeit ein Kampf um die Macht tobt – zwischen dem Gründer Hans Neuendorf und dem Unternehmer Rüdiger Weng. Dabei geht es unter anderem um die auffällig starke Einbindung von Neuendorf-Familienmitgliedern in die Führungscrew, aber auch um Fragen des Verlustzuwachses oder des Aktienrechts. Kein Wunder also, dass ein bekannter Berliner Anwalt, nämlich Pascal Decker, der Artnet-Aufsichtsratsvorsitzende, in der Hauptversammlung den meisten Zuspruch erhielt. Immerhin 95 Prozent der abgegebenen Stimmen (khs).
Kann, darf das denn sein? Da lässt Kulturstaatsministerin Claudia Roth von ihren BKM-Presseleuten wortgewaltig vortragen, dass der Bund nun auch 2,3 Millionen Euro zur Förderung journalistischer Arbeit zur Verfügung gestellt habe, dass zehn Projekte mit jeweils rund 200 000 Euro bezuschusst werden – und dann stellt sich heraus, dass die „unabhängige Fachjury“ (BKM-Pressestelle) auch mit einer Frau besetzt ist, Ferda Ataman, die über ein Jahrzehnt lang zu den „Medienmacher*innen“ gehörte. Just diese Vereinigung wird ebenfalls berücksichtigt. Das kann doch kein Zufall sein. Es ist ein Skandal (khs).
Es ist ja nicht so, dass die Bundestagspräsidentin von sich aus in Sachen Kunst aktiv wird oder sich, wenigstens, diesbezüglich mal äußert. Bärbel Bas hat andere Themen. Aber mitunter kommt es eben vor, dass sie von besorgten Bürgern angeschrieben wird. Ein Hanseat aus Hamburg musste zwar ein paar Wochen lang auf ein Feedback warten, als er sich zur wenig kompetent wirkenden Besetzung des Ausschusses für Kultur und Medien vor allem mit Anwälten und Kaufleuten unter den Bundestagsabgeordneten äußerte, doch dann kam sie doch noch, die Antwort. Die zuständige Bas-Stabsstellenleiterin stellte entlarvend fest, „dass die biografische Nähe zum Kulturbetrieb nicht zwingend hilfreich ist“. Ein Hoch auf den Dilettantismus im Bundestag also (khs).
Warum wohl? So genau weiß man es nicht. Aber seit Jahren ist offensichtlich, dass er zu den weißen Männern im deutschen Kunstbetrieb gehört, die grundsätzlich anecken, am laufenden Band für Widerspruch und Kritik sorgen – beinahe egal, was sie tun. Es geht um Walter Smerling, der vornehmlich auf der Achse Bonn (Stiftung für Kunst und Kultur) und Duisburg (Museums Küppersmühle) unterwegs ist, aber wieder auch ausschwärmt, in andere Länder, in andere Städte. Zuletzt stieß er mit seiner Initiative, in Berlin, Tempelhof, eine Kunsthalle zu etablieren, auf immense Ablehnung in der Hauptstadt. Jetzt darf erwartet werden, dass die Aufstellung der jüngsten Skulptur von Erwin Wurm, „Walking Bag“, im Zentrum Bonns als weiterer Beweis seiner Macho-Haltung gesehen wird. Es handelt sich, vereinfacht formuliert, um eine Luxus-Handtasche auf zwei weiblichen Beinen. Es wäre kein Wunder, wenn nun auch manche Kritikerinnen kopflos reagieren würden (khs).
Ach, was soll man sagen, wie soll man diesen bekannten Choleriker aus der Berlusconi-Gefolgschaft noch neu mit Worten fassen? Fassungslos rundum viele im internationalen Kunstbetrieb, wenn sie erfahren, was Vittoria Sgarbi diesmal wieder angestellt hat. Man kann es kaum glauben, aber der ehemalige Kurzzeit-Staatssekretär der Berlusconi-Ära in Italien fuhr mit Blaulicht vom Filmfest in Locarno ab, um schneller nach Hause zu kommen – und tickte völlig aus, als er am Grenzübergang von Schweizer Polizisten endlich gestoppt und zur Kasse gebeten wurde. Damit nicht genug. Tagelang gab Sgarbi anschließend auf Twitter unflätige Breitseiten gegen die Schweiz ab, weil sie seine Selbstherrlichkeit gestört hatte. Der einst, 2011, auch als Kurator des italienischen Pavillons der Biennale in Venedig tätige Tausendsassa gehört mittlerweile zu den Politikern und Vermittlern, die in der Branche gemieden werden. Nachvollziehbar (khs).
Halb Nordrhein-Westfalen wundert sich. Wie kann es sein, so fragen sich alle, die mit Kultur und Wissenschaft zu tun haben, dass Ministerpräsident Hendrik Wüst ausgerechnet eine Ina Brandes in die Landesregierung holt, zunächst Ende 2021 als Verkehrsministerin und jetzt, nur wenige Monate danach, auf einen Posten, von dem sie noch weniger versteht. Weder in der Kultur noch in der Wissenschaft hat sich die Frau bislang qualifiziert. Aber einige Insider wissen, dass sie einst ins Zwielicht geriet, als sie für einen früheren Arbeitgeber, ein Ingenieurbüro, skrupellos am laufenden Band allerlei Aufträge aus der immer gleichen Amtsstube besorgte, nämlich aus dem Büro ihres Ehemannes, Bürgermeister in Lilienthal. Dass die Personalie Brandes in NRW hitzig erörtert wird, hat noch ein weiteren Grund: Die Hendrik Wüst-Vertraute, natürlich CDU-Mitglied, löst eine der besten Kulturpolitikerinnen ab, die Deutschland zu bieten hat, nämlich die parteilose Isabel Pfeiffer-Poensgen. Ein Drama (khs).
Wer jemals Bedenken hatte, dass der Kunsthistoriker Philipp Demandt seiner Rolle als Nachfolger des international geschätzten, nach Amerika gewechselten Städel-Direktors Max Hollein nicht gerecht werden könnte, der wird am laufenden Band belehrt. Demandt, zuvor in Berlin als Leiter der Alten Nationalgalerie tätig, entfacht in Frankfurt ein Feuerwerk der vitalsten Art. Kaum hat er im Städel-Garten einen Skulpturen-Park mit Arbeiten von Künstlern wie Elmgreen & Dragset und Tobias Rehberger fertigstellen lassen, richtet sich der Fokus der Aktivitäten aufs Dach, wo nun eine Besucher-Terrasse gebaut werden soll. So wird nach und nach ein Masterplan verwirkt, der das Museum rundum zukunftsfähig macht, der unmissverständliche Signale sendet, in die Stadt hinein. Keine Frage: Da kümmert sich jemand, die Bürgerinnen und Bürger mitzunehmen, sie einzubeziehen. Kunstvermittlung vom Feinsten. Ein Lustspiel (khs).