Drahtseilakt in Kassel

21. Januar 2022

Kein Zweifel: Die documenta 15, die vom Mitte Juni an stattfinden wird, liefert schon im Vorfeld reichlich Zündstoff, viel mehr als man es erwartet hätte, als einst das indonesische Künstler- und Kuratoren-Kollektiv ruangrupa für die Aufgabe nominiert wurde. Eine gewisse Naivität und Weltfremdheit scheint zwar in der Luft zu sein, wenn sich ihre Sprecher etwa zu Fragen des Kunstbetriebs und des Kunstmarkts äußern, doch wenn es um politische Sachverhalte geht, kann man Arglosigkeit nicht durchgehen lassen. Allein die Verpflichtung der umstrittenen palästinensischen Gruppe „The Question of Funding“, Ramallah, lässt den Verdacht aufkommen, dass ruangrupo allemal unsensibel agiert. Schließlich darf Antisemitismus in Deutschland keine Chance mehr haben. Andererseits: Richtig, dass es in diesen Stunden reichlich Stimmen gibt, die davon warnen, die künstlerische Freiheit einzuschränken. Ein Drahtseilakt, der der documenta-Geschäftsführung bevorsteht (khs).

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